Es gibt so ein paar abgedroschene Weisheiten in unserem Sport. Zum Beispiel die, dass Rugby die einzige Sportart sei, in der man mit Stolz verliere und mit Demut gewinne. Wenn dieser Spruch jemals wahr gewesen ist, dann heute. Die Blue Lions haben in ihrem erstmaligen Auftritt im Viertelfinale um die deutsche Meisterschaft gegen Hannover 78 ein epochales Match abgeliefert und sind am Ende erhobenen Hauptes mit einer 20:15 Niederlage vom Platz gegangen.
Fotos: Oliver Heinz
Zwei Wochen nach dem erfolgreichen Herzschlag-Hauptrundenfinale gegen den Offenbacher SCR auf eigenem Platz trat der München RFC die Reise in die niedersächsische Landeshauptstadt an. In der erst zweiten Saison im Rugby-Oberhaus hatten die Blue Lions nach einem direkten Klassenerhalt in der Vorsaison gleich den nächsten großen Schritt getan und sich erstmalig in der Vereinsgeschichte für das Viertelfinale um die deutsche Meisterschaft qualifiziert. Nun ging es gegen den Tabellenführer aus der ersten Bundesliga Nord/Ost: Hannover 78.
Bei besten Bedingungen am Ferdinand-Wilhelm-Fricke-Weg starteten die Münchner vor großer Kulisse mit viel Elan in die Partie. Gleich in der dritten Minute nutzte Skipper Niklas Hohl nach einem Regelverstoß der Gastgeber und dem fälligen Penalty die erste Möglichkeit zum Punkten – 0:3.
Hannover von Anfang an unter Druck
Damit war der Ton gesetzt – diese Partie würde für den gastgebenden Traditionsverein alles andere als ein Spaziergang werden. Von Anfang an war die Begegnung von einer besonderen Intensität geprägt, die aber nur sehr selten über die Grenzen des Regelwerks hinausging. Einer dieser Momente ergab sich leider bereits in der siebten Minute, als Flanker David Wilson nach einem Regelverstoß die gelbe Karte sah und für zehn Minuten vom Platz musste.
78 punktet in Überzahl
Diese personelle Überzahl nutzten die Gastgeber, um nach dem ersten Gedränge der Partie in der elften Minute mit dem gerade eingewechselten Jaap Cedric Breuste in das Malfeld der Blue Lions einzulaufen. Die fällige Erhöhung durch Flügel Alexander Brosowski ging daneben, so dass der Spielstand nun – immer noch denkbar knapp – auf 5:3 gestellt wurde.
Nachdem der MRFC in der achzehnten Minute wieder vollzählig war, entwickelte sich ein intensives Spiel, in dem keiner der Kontrahenten sich entscheidende Vorteile erarbeiten konnte. Eine Reihe von leichten Verletzungen auf beiden Seiten prägten die Partie, die immer wieder zum Wohle der Spieler unterbrochen werden musste. In der 21. Minute wechselten die Gäste von der Isar erneut, Frederik Olivanti ersetzte Manuel Belo auf der Flanker-Position. Auch die Gastgeber mussten in dieser Phase gleich dreimal wechseln.
Der Halb ist nicht zu halten
Kurz vor dem Halbzeitpfiff nutzten die Blue Lions eine der seltenen Gelegenheiten: Gedrängehalb Frabrizio Cabrera tankte sich durch die Verteidigung der Gastgeber und legte den ersten Versuch für die Blue Lions in dieser Partie. Die Erhöhung aus schwieriger Position misslang Kapitän Niklas Hohl; trotzdem hatte der MRFC die Partie mit diesem wichtigen Versuch erneut gedreht, und mit den Stand von 5:8 ging es in die Pause.
Nach dem Pausentee ging die Partie mit gleicher Intensität weiter; der MRFC brachte mit Clemens Schweins (für Gerd Gerhards) einen neuen Akteur auf Nummer drei. Nur sieben Minuten nach Wiederanpfiff konnten die Gastgeber nach einem lupenreinen 50-22 und der anschließenden Gasse durch Flügelspieler Lucas Cobau ins Malfeld des MRFC einlaufen. Mit der erfolgreichen Erhöhung durch Alexander Brosowski drehte sich der Stand der Anzeigetafel nun erneut zugunsten der Hannoveraner auf 12:8.
80 Minuten lang Hochspannung
Wie auch die Gastgeber brachte der MRFC nun frische Kräfte auf das Feld; Odirile Losaba ersetzte Joao Vasco Corte Real auf der linken Seite der ersten Reihe. In der 63. Minute gelang es dann den Zweite-Reihe Akteur Oliver Stein, sich durch die Verteidigung der Gastgeber durchzusetzen und erneut für die Blue Lions abzulegen. Die fällige Erhöhung verwandelte Niklas Hohl sicher und baute die erneute Führung für die Gäste weiter aus – 12:15.
In Minute 64 schwächten sich die Blue Lions erneut selbst: Frederik Olivanti musste nach einem Regelverstoß mit gelber Karte für zehn Minuten vom Feld. Trotz weiterer frischer Kräfte für die Blue Lions (70. Cyril Meidinger für Jan Wirtz auf Nr. 11) konnte der nächste Versuch für Hannover in der gleichen Minute durch Lucas Cobau nicht verhindert werden. Der Hannoveraner Kicker Alexander Brosowski hatte einen rabenschwarzen Tag erwischt – sein Erhöhungskick ging wieder einmal daneben, so dass es nun 17:15 stand; zehn Minuten vor dem Schlusspfiff stand das Match auf Messers Schneide.
Fünf Minuten vor dem Ende kam Joao Vasco Corte Real erneut auf das Feld und ersetzte den völlig ausgepowerten Clemens Schweins. Den Gästen von der Isar nutzte dieser letzte Wechsel leider nichts – mit dem Schlusspfiff konnte Hannover 78 durch Gedrängehalb Jan Piosik einen Straftritt zum Endstand von 20:15 verwandeln.
Erst Tränen, dann großer Stolz
Nach der Partie flossen sowohl bei den Aktiven als auch bei den mitgereisten Unterstützenden einige Tränen der Enttäuschung angesichts einer so engen Partie, die gut und gerne auch andersherum hätte ausgehen können. Dennoch überwiegt – mit etwas Abstand – ein großer Stolz auf dieses Team!
Der München RFC hat in seinem ersten Viertelfinal-Auftritt in der Vereinsgeschichte eine ganz große Leistung abgeliefert, den Tabellenführer der 1. Bundesliga Nord/Ost auf seinem eigenen Platz an den Rand einer Niederlage gebracht, und sich nicht nur in Hannover, sondern sicher auch weit darüber hinaus enormen Respekt verschafft. Diese Leistung macht Lust auf so viel mehr – gleich in der nächsten Bundesliga-Saison 2024/2025!
#OneMRFC
Das packende Spiel im Video
Playoff Viertelfinale
Hannover 78 vs München RFC
20 : 15 (5 : 8)
1. Corte-Real Vasco João (ab 55.min Losaba Odirile)
2. Sampaio Eduardo
3. Gerhards Gerd (ab 41.min Schweins Clemens)
4. Engelhardt Maximilian
5. Stein Oliver
6. Belo Manuel (ab 25.min Olivanti Frederic)
7. Wilson David
8. Tornero Mario
9. Cabrera Fabrizio
10.Hohl Niklas (Capt.)
11.Wirtz Jan (ab 58.min Meidinger Cyril)
12.Rodrigues João
13.Fafiolu Jakob
14.Odur Fred (ab 44.min Moughty Cilian)
15.Schiavini Santiago
Versuche: Cabrera Fabrizio 36.min, Stein Oliver 57.min
Erhöhung: Hohl Niklas 57.min
Penalty: Hohl Niklas 3.min
gelbe Karten: Wilson David 7.min, Olivanti Frederic 59.min
Trainer: Moughty Alan, Popperwell Adam
Teammanager: Kraiger Helmut
Punkte für Hannover 78
11.min Versuch
44.min Versuch mit Erhöhung
68.min Versuch
80.min Penalty